Fotos: Verena Maas, Antje Eickhoff, Thomas Puschmann, Martin Eberle, Michael Kuchinke-Hofer, Daniela Brahm, Carsten Eisfeld

ExRotaprint Berlin

Selbstverwaltetes Gewerbegelände mit Quartiersbezug.

In Berlin Wedding ist es einer Mieterinitiative gelungen, in vorbildlicher Weise eine Stadtteilentwicklung von unten auf einem ehemaligen Firmengelände zu organisieren. Das Besondere: sie lenkt von Anfang an den Blick auf die Menschen, die hier bereits leben.

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Projekt

Im Berliner Wedding ist die denkmalgeschützte, ehemalige Rotaprint Druckmaschinenfabrik zu einem selbstverwalteten Mieterprojekt auf der Grundlage eines Erbbaurechts entwickelt worden. Dank der Initiative zweier Künstler konnte das Gelände so der Vermarktung entzogen werden und dem Quartier dauerhaften Nutzen bringen.

Gebäudetyp/Nutzflächen

10 Gewerbegebäude, 1 Wohngebäude, Bauzeit: um 1900 und 1950er Jahre.
Das gesamte Gelände steht unter Denkmalschutz.

Der Gewerbehof besteht aus 10.000 Quadratmeter vermietbarer Fläche in 11 Häusern, Gesamtgröße des Geländes beträgt 8.400 Quadratmeter.

Heterogene Mischung aus je ein Drittel Gewerbe, Kunst und Sozialem mit starkem Bezug zum Quartier: lokale zumeist produzierende Gewerbebetriebe, Studios von Künstlern, Kreativen und Musikern, soziale Einrichtungen für Beratung, Bildung, Integration.

Die Kantine ist auch für Besucher von außen offen. Zusätzlich zu den langfristig vermieteten Gewerbeeinheiten gibt es einen 185 Quadratmeter großen Projektraum „Glaskiste“ für die tageweise Vermietung sowie 2 Gästewohnungen à 40 Quadratmeter.

Projektstatus

Pionierphase – wird seit 2007 von gemeinnütziger GmbH bewirtschaftet.
Sanierung der Gebäude zur Hälfte abgeschlossen.

Das Besondere – Erfolgsbausteine

Zwei Künstler (Daniela Brahm und Les Schliesser) zusammen mit Unterstützern setzen mit Visionen und Hartnäckigkeit ein komplexes Umnutzungskonzept durch, das Grundstück und Gebäude dauerhaft vor einer renditegetriebenen Verwertung sichert.

Das Gelände ist durch Erbbaurecht langfristig der Bodenspekulation entzogen. Das Erbbaurecht trennt Boden und Gebäude, der Boden ist Eigentum der Stiftungen trias und Edith Maryon, die Gebäude sind im Besitz der ExRotaprint gGmbH. Die Mieter haben eine gemeinnützige GmbH gegründet, die Überschüsse für ausgewiesene gemeinnützige Zwecke verwenden muss. Die Kombination aus Erbbaurecht und gemeinnütziger GmbH gewährleistet, dass die aus der Vermietung erzielten Überschüsse wieder für die Sanierung und die Selbstorganisation der Mieter und Nutzer eingesetzt werden und dass die Mieten dauerhaft günstig bleiben. Die Gesellschafter der ExRotaprint gGmbH profitieren nicht von den Einnahmen des Geländes und können bei Verkauf ihrer Gesellschaftsanteile keinen Mehrwert realisieren.

Das Projekt ist offen für die Nachbarschaft, die vor sozialen und ökonomischen Herausforderungen steht: Es schafft Arbeits- und Ausbildungsplätze, es beheimatet Weiterbildungsträger auf dem Gelände, die Kantine kann von allen genutzt werden.

Die Sanierung des Komplexes erfolgte Schritt für Schritt und mit eigenen Mitteln, ohne öffentliche Förderung, mit wenig Eigenkapital und den Einnahmen aus den – günstigen – Mieten.

Chronologie

Am Anfang


1989: Konkurs der Rotaprint Druckmaschinenfabrik, Übereignung des Geländes an den Bezirk. Der Bezirk schließt Mietverträge mit Zwischennutzern aus unterschiedlichen Bereichen, teilweise Leerstand.

1991: Das Gelände an der Gottschedstr. 4/Bornemannstr. 9-10 (heute ExRotaprint) wird als Gesamtanlage unter Denkmalschutz gestellt.

1992: Abbruch der denkmalgeschützten Produktionshallen im Blockinneren (ca. 50 Prozent des ursprünglichen Geländes). Heute teilweise weiterhin Brachfläche, Discounter mit Parkplatz (2006), kommunaler Wohnungsneubau (2015 begonnen).

2002: Der Bezirk übergibt das Gelände an den Liegenschaftsfonds des Landes Berlin, der einen Verkauf zum Höchstpreisgebot forciert.


Aufbau


2005: Erarbeitung eines Konzepts durch Daniela Brahm und Les Schliesser zur Übernahme des Gewerbehofes durch die Mieter vor Ort. Gründung des Vereins der Mieter ExRotaprint e.V. Aufnahme der Verhandlungen mit dem Liegenschaftsfonds Berlin.

2006–2007: Unterbrechung der Verhandlungen, der Liegenschaftsfonds will das Gelände im Paket mit 45 Immobilien an einen isländischen Investor verkaufen. Pressearbeit und Lobbyarbeit, Aktionen und Kontakte mit Politik, um die lokalen Ziele zu stärken und das Baudenkmal zu retten.

2007: Paketverkauf an den isländischen Investor scheitert. ExRotaprint kann zu dem günstigen Preis, der für das „Isländische Paket“ festgesetzt war, kaufen. Der ExRotaprint e.V. beschließt die Gründung der gemeinnützigen GmbH ExRotaprint durch die Mieter vor Ort und eine Kooperation mit den Stiftungen trias und Edith Maryon. ExRotaprint setzt die Stiftungen in den Kaufvertrag mit dem Liegenschaftsfonds ein, gleichzeitig schließt die ExRotaprint gGmbH mit den Stiftungen einen Erbbaurechtsvertrag für 99 Jahre ab.

Oktober 2007: Übernahme der Bewirtschaftung des Gewerbehofes durch die ExRotaprint gGmbH

2008: Erarbeitung des Sanierungskonzepts. Der Maßnahmenplan sieht die abschnittsweise Sanierung vor allem der Gebäudehüllen, die Erhöhung der Energieeffizienz, einige Umbau- und Sanierungsmaßnahmen im Inneren und die Ertüchtigung auf einen zeitgemäßen Brandschutz in Abstimmung mit Denkmalamt und der Baubehörde vor.

2009: Beginn der Sanierungsarbeiten


Verstetigung


Gutes Management mit günstigen Mieten und Öffnung in den Kiez.

Vollständige Sanierung des Gewerbehofes, insbesondere der Betontürme aus den 1950er Jahren, ist bis 2019 geplant.


Auf lange Sicht


Beabsichtigte Erweiterung des Projektes durch eine gemeinnützige Nutzung und Wohnen auf einem 1.700 Quadratmeter großen Grundstück hinter dem ExRotaprint-Gelände. Das Grundstück wurde nach Verhandlungen durch ExRotaprint mit dem Liegenschaftsfonds 2011 von der Stiftung Edith Maryon erworben, um es im Erbbaurecht an ExRotaprint weiterzugeben. Die baurechtliche Klärung läuft derzeit.

Finanzierung

Der Kaufpreis des Geländes war nach den Verhandlungen durch ExRotaprint unter Bodenwert gefallen. Erwerb des Bodens durch die Stiftungen trias und Edith Maryon für 640.000 Euro, Übereignung des Grundstücks an die ExRotaprint gGmbH mittels eines Erbbaurechtsvertrags für 99 Jahre. ExRotaprint zahlt einen jährlichen Erbbauzins von 10 Prozent der Mieteinnahmen (nettokalt), derzeit sind das 38.000 Euro im Jahr, immer aber mindestens 5,5 Prozent des Kaufpreises.

Die gesamte Sanierung wird ca. 4 Millionen Euro kosten, bisher wurden ca. 2 Millionen Euro in die Sanierung investiert.

Die ExRotaprint gGmbH hat einen Baukredit über 2,25 Millionen Euro mit unbegrenzter Laufzeit (derzeit mit 4,0 Prozent verzinst) für die Sanierung und den Umbau bei der Schweizer Pensionskasse CoOpera (Sammelstiftung PUK) aufgenommen, die ihre Einlagen ausschließlich in nachhaltigen Projekten anlegt.

Kosten für Projektentwicklung und Management (ca. 90.000 Euro/Jahr ohne Architektenleistungen):

  • Planungsteam: Daniela Brahm, Les Schliesser, zusammen mit den Architekten Bernhard Hummel und Oliver Clemens (Sanierung, Bauplanung, Baubetreuung, Projektentwicklung, Finanzierung, Management, Vermietung, Vermittlung)
  • Verwalter (Betriebskosten- und Heizkostenabrechnungen, Zuliefererverträge, Mieteneingang, Schriftwechsel zu den Mietverträgen)
  • Hausmeister
  • Bauhelfer
  • Finanzbuchhaltung

Miethöhe derzeit zwischen 3,00 und 4,80 Euro netto kalt, je nach Nutzung und Ausbaustandard der Räume. Die Mieteinnahmen betragen derzeit ca. 380.000 Euro netto jährlich.

Besonderes

Der Erbbauzins an die Stiftungen finanziert weitere Projekte.

Kauf und Sanierung des Geländes finden ohne öffentliche Mittel und öffentliche Förderung statt.

Organisationsform

Der Kaufvertrag mit dem Liegenschaftsfonds Berlin und der Erbbaurechtsvertrag zwischen ExRotaprint und den Stiftungen trias und Edith-Maryon wurden am 3.9.2007 geschlossen. Eigentümer des Bodens sind die Stiftungen. Über das Erbbaurecht und gegen Zahlung eines jährlichen Erbbauzins überlassen die Stiftungen für 99 Jahre der ExRotaprint gGmbH das Grundstück. Die Gebäude sind in Besitz der ExRotaprint gGmbH. Das Erbbaurecht ist ein eigentumsgleiches Recht mit allen Rechten und Pflichten des Eigentums. ExRotaprint verantwortet die Bewirtschaftung des Geländes in allen Aspekten, einzig der Weiterverkauf ist ausgeschlossen. Zudem ist in dem Erbbaurechtsvertrag die Vermietung an gewerbliche, kulturelle und soziale Nutzungen („Arbeit, Kunst, Soziales“) zu gleichen Teilen festgeschrieben.

Die gemeinnützige GmbH ExRotaprint wurde am 17.7.2007 von Mietern auf dem Gelände mit dem Ziel gegründet, das ehemalige Rotaprint-Gelände zu übernehmen. Die gemeinnützigen Zwecke der ExRotaprint gGmbH sind der Denkmalschutz (Erhalt und Sanierung des Baudenkmals „Rotaprint Fabrik“) und die Förderung von Kunst und Kultur. Die gGmbH ist Bauherrin, sorgt für die Finanzierung der Sanierung, übernimmt die Projektentwicklung und Projektsteuerung sowie die Vermietung und Verwaltung des ExRotaprint-Geländes. Einzelheiten hierzu im Auszug aus dem Gesellschaftervertrag ExRotaprint.

Derzeit hat die ExRotaprint gGmbH 10 Gesellschafter, die meisten davon sind Mieter auf dem Gelände und als Künstler oder Kreative hier tätig. Elfter Gesellschafter ist der RotaClub e.V., der Verein aller Mieter auf dem Gelände, über den alle Mieter Zugang zur Projektentwicklung haben.

Zur Übernahme des Geländes war ein Anfangskapital von ca. 60.000 Euro notwendig, das durch die Gesellschafter in unterschiedlich hohen Anteilen eingebracht wurde. Die Gesellschafter können im Falle des Verkaufs ihrer Gesellschaftsanteile keine Wertsteigerungen oder Anteile am Ertrag oder Wert der Immobilie geltend machen. Der Profit liegt in der Nutzung.

Der RotaClub e.V. hat ein festgelegtes pauschaliertes Stimmrecht in der gGmbH. Der Vorstand des Vereins hat den gleichen Einblick in die Gesellschaft wie die anderen Gesellschafter und übt die gleichen Rechte und Pflichten aus. Jeder Mieter kann in den Verein eintreten und sich somit auch in die Entscheidungsprozesse der gemeinnützigen GmbH ExRotaprint einbringen.

Alle Gesellschafter treffen sich einmal im Monat für einen regelmäßigen, die Projektentwicklung begleitenden Austausch über alle aktuellen und langfristigen Fragen der Projektentwicklung.

Kommunikation

In der Konfliktphase 2005-2007 zur Durchsetzung des Kaufs an die Mieterinitiative war intensive Öffentlichkeitsarbeit, gezielte Pressearbeit und stetige Kommunikation mit Politik und Verwaltung notwendig. Künstlerisch-gestalterische Werkzeuge wurden dabei gezielt eingesetzt, um Inhalte und Ziele zu vermitteln. Für Kunst und Kreativwirtschaft ist Presse, Verwaltung und Politik offen, dies kann bewusst als „Trojanisches Pferd“ genutzt werden, um auch soziale, integrative und politische Anliegen durchzusetzen.

Bei der Vorstellung des Projektes 2006 auf den „Experimentdays“, einer Projektbörse für alternative urbane Strategien in Berlin, konnte ExRotaprint in einer Phase der unsicheren Aussichten, ob das Projekt durchsetzbar sein wird, Kontakte zu Beratern und zukünftigen Mitstreitern knüpfen.

Seit 2008 gibt ExRotaprint in unregelmäßigen Abständen die „ExRotaprint Nachrichten“ heraus, in denen unterschiedliche Aspekte des Projektes beleuchtet und die stadtpolitischen Strategien des Projektes veröffentlicht werden. ExRotaprint ist auf zahlreichen nationalen und internationalen Konferenzen und Workshops vertreten und einer breiten Fachöffentlichkeit bekannt.

Die interne Kommunikation hat durch die regelmäßigen monatlichen Treffen der Gesellschafter inklusive des Vorstands des Vereins eine stabile Regelmäßigkeit. Zusätzlich finden zur Vorstellung und Besprechung einzelner Bauabläufe Foren für die davon betroffenen Mieter im jeweiligen Gebäudeabschnitt statt. Generell besteht eine flache Hierarchie, direkte Ansprache ist immer möglich. Der Gewerbehof funktioniert gerade durch die räumliche Nähe aller Beteiligten und das häufige Begegnen „wie in einem Dorf“.

Informeller Kommunikationsort ist die Kantine im Eingangsbereich.

Teamentwicklung

Die Initiatoren und mit der Projektentwicklung von ExRotaprint Beauftragten sind Les Schliesser und Daniela Brahm, die das Projekt auch nach außen repräsentieren. Die Mitbestimmung findet in den Treffen der Gesellschafter von ExRotaprint statt. Die meisten gewerblichen Nutzerinnen und Nutzer haben kein Interesse an aufwendigen Beteiligungsprozessen, ihre eigene Arbeit auf dem Gewerbehof steht im Vordergrund. Die heterogenen Nutzer aus den Bereichen „Arbeit, Kunst, Soziales“ haben sehr unterschiedliche Vorstellungen von Partizipation, Nachhaltigkeit, Zeit oder Rendite. Das Aushandeln verschiedener Standpunkte hat das Projekt vor allem in seiner Anfangsphase geprägt. Kommunikation, gegenseitiges Verständnis und persönliches Vertrauen sind essenziell.

Der Verein aller Mieter, der RotaClub e.V., hat als Gesellschafter der gGmbH eine wichtige Funktion. Er ist die Austauschplattform der Mieter untereinander und die offene Tür für eine einfache Teilhabe an der Projektentwicklung. Jeder Mieter kann, wenn er/sie will, in den Verein eintreten und sich somit in die Entscheidungsprozesse der gemeinnützigen GmbH ExRotaprint einbringen.

Immobilien/Planen/Bauen

Bei der Sanierung der Gebäude stehen der Erhalt der Bausubstanz und die energetische Verbesserung im Vordergrund. Saniert und umgebaut wird – soweit möglich – bei laufendem Betrieb. Bei allen Investitionen wird kostensparend gehandelt, um die Mieten niedrig und weiterhin für die Gewerbetreibenden, Kreativen und sozialen Träger aus dem Wedding bezahlbar zu halten.

Im Detail geht es bei der Sanierung um die Fassaden, die Dächer und Fenster und auch die Wiederherstellung der ursprünglichen Form- und Farbgebung der 1950er Jahre. Die Betonsanierung der Gebäude des Architekten Klaus Kirsten aus den 1950er Jahren erfordert besondere technische Lösungen.

Ca. 4 Millionen Euro werden für die gesamte Sanierung benötigt, die Hälfte ist bereits abgeschlossen.

Neben der Bestandssanierung werden auch bauliche Erweiterungen realisiert. 2010/11 wurde ein Dachaufbau mit Terrasse auf einer eingeschossigen Produktionshalle hergestellt, der als Büro und zur Kundenberatung von den darunter liegenden Werkstätten genutzt wird. Angrenzende Dachflächen wurden durch aufgesetzte Oberlichter ergänzt, die ebenfalls das Motiv des Sheddachs aufnehmen und zuvor dunkle Räume belichten. Zukünftig ist das „Weiterbauen“ des 1958 unfertig gebliebenen Eckturms in Anlehnung an die Originalpläne des Architekten Klaus Kirsten beabsichtigt. Ob diese Ergänzung durch zwei Stockwerke realisiert werden kann, ist noch nicht geklärt.

Sanierung und Umbau sollen bis 2019 abgeschlossen sein.

Nachbarschaft und Stadtteil

Durch die Mischung der Nutzungen bieten sich viele Gelegenheiten für die Bewohner des Quartiers, den Gewerbehof zu besuchen (Arbeitsplätze, Ausbildungsplätze, Unterricht, Dienstleistung, Kunst und Kreativität, soziale Beratung, Besuch der Kantine und des Veranstaltungsraums). Als Mieter werden bewusst Projekte ausgewählt, die in den Kiez wirken: Soziale Träger wie die Schule, die Deutsch für Migranten unterrichtet, Alphabetisierung und Hausaufgabenhilfe leistet, Arbeitslosenprojekte, Mitnahme-Bücherschrank, Schülerhilfe, Formularhilfe, Betreuung von Menschen mit Behinderungen, Schulverweigerer-Projekt etc. Sie alle garantieren die Öffnung des Geländes für Menschen aus dem Wedding. Das Erdgeschoss wird vorrangig an produzierendes Gewerbe vermietet, die Arbeits- und Ausbildungsplätze bieten (Metallbau, Holz, Neopren, Elektrik, Siebdruck, Baugewerbe, Gebäudereinigung, Rahmenbau).

Stolpersteine

Die Mieterinitiative wurde als Investor und Käufer des Geländes vom Liegenschaftsfonds Berlin nicht ernst genommen. Erst nach intensiver Presse- und Öffentlichkeitsarbeit setzten sich einzelne Personen aus Politik und Verwaltung (vor allem solche mit direktem Bezug zum Bezirk) für das Projekt ein.

Innerhalb der Mieterinitiative war in der Anfangsphase des Projektes die Fantasie von Profit, die mit der Aussicht auf Eigentum direkt verbunden ist, die größte Hürde für ein gemeinsames Projekt, das eine Lösung nicht nur für einzelne Einheiten, sondern für das gesamte Gelände sucht. Die Idee eines gemeinschaftlichen Eigentums musste gegen Kapitalanlageinteressen oder die Hoffnung auf Altersvorsorge und den Profit Einzelner ausgehandelt werden.

Wen oder welche Unterstützung brauchen wir noch?

Stand April 2016: Bei dem geplanten Neubau auf der Brache benötigt ExRotaprint Unterstützung seitens der Verwaltung und Bezirkspolitik wegen überholter Festsetzungen im geltenden Bebauungsplan, die dem Projekt entgegenstehen. Eigentumsrechtliche Schwierigkeiten bestehen bei dem beabsichtigten Durchgang vom Gewerbehof zur hinteren Brache, der beide Projekte miteinander verbinden soll.

Fehler im geltenden Bebauungsplan sind auch für den Querriegel im Hof von ExRotaprint bedrohlich. Die rückwärtigen Fenster des denkmalgeschützten „Technischen Büros“ dürfen lauf Ausweisung südlich dreigeschossig überbaut werden, was das gläserne Gebäudeteil massiv beeinträchtigen würde. Da eine privatrechtliche Einigung mit dem Nachbar nicht zustande kommt, müssten hier Verwaltung und Denkmalamt eine Lösung (Baulast, Bereinigung oder Neuaufstellung des B-Plans) herbeiführen.

Sonstiges

Die ExRotaprint gGmbH versteht sich als Akteur einer gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung, sie handelt quartiersbezogen und wendet sich gegen Profit durch Eigentum. Um Gentrifizierung entgegenzuwirken – d.h. dem Zuzug von Besserverdienenden mit den entsprechenden Folgen wie Privatisierung und Mietsteigerungen –, will ExRotaprint das bestehende, direkte Umfeld stärken und einbeziehen. Eine Aufwertung der Nachbarschaft lässt sich aber dennoch nicht durch funktionierende Projekte verhindern.

Die Probleme sowohl bei der Übernahme des Grundstücks, der Projektaufstellung nach innen als auch bei den denkmal- und baurechtlichen Abstimmungen brauchen viel Zeit, die aber für die Ausarbeitung lösungsorientierter Konzepte genutzt werden kann.

Netzwerke und Infobörsen, wie die Präsentation von ExRotaprint bei der Projektbörse „Experimentdays“ 2006 bringen wichtige Kontakte in die „Szene“ und Verbündete.

Der Erwerb des Grundstücks 2007 durch ExRotaprint wurde begünstigt durch eine Niedrigpreisphase auf dem Immobilienmarkt in Berlin, gerade im prekären Bezirk Wedding waren kaum Investoren aktiv. Heute, bei einem boomenden Immobilienmarkt, wäre ein ähnlicher Ausgang so nicht mehr möglich.

Die Gesellschaftsstruktur der ExRotaprint gGmbH ist pragmatisch, Entscheidungen können zielführend und zügig getroffen werden, Mitbestimmung und Transparenz sind möglich.

Die Heterogenität der Mieter und der Gebrauchswert von ExRotaprint stehen an erster Stelle.

Fazit: Hartnäckigkeit und mit Energie und Geduld am Konzept festzuhalten, haben sich am Ende gelohnt.

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Autorin:  Antje Eickhoff