Grundlage für die Arbeit des Netzwerks sind die Forderungen, die der Konvent „Immobilien für Viele – Gemeinwohl gemeinsam gestalten“ im November 2016 in Leipzig formuliert hat. Hier finden Sie das gesamte Begleitbuch zum Konvent.
1.Mehr Boden!
Die mangelnde Verfügbarkeit von Boden für gemeinwohlorientierte Zwecke ist ein strukturelles Problem. Hinzu kommt, dass bei Vergaben durch die öffentliche Hand (Bund, Länder, Kommunen) der Preis, die überformularisierte Vergabepraxis, die teilweise kleinteilig eingeforderten Konzepte und die Vergabegeschwindigkeit den Zugang zu Boden für Immovielien erschweren oder verhindern. Grundsätzlich sollte bei dem wenigen öffentlich zur Verfügung stehenden Boden das Konzept höher gewichtet werden als der Preis, und Gemeinwohlorientierung sollte den Vorzug bekommen. Dafür bräuchte es klare Definitionen, was das Gemeinwohl im Allgemeinen (Bund, Länder) und in diesem Zusammenhang (Kommune) konkret fördert. Die vorhandenen Vergabeinstrumente müssen weiterentwickelt, so weit wie möglich verschlankt und – wo sinnvoll in Kombination mit dem Erbbaurecht – angewendet werden. Das gilt insbesondere für die Konzeptvergabe in Verbindung mit Anhandgabeverfahren. Und es muss darauf hingearbeitet werden, dass zivilgesellschaftliche und öffentliche Partner gemeinsame, ggf. auch revolvierende Bodenfonds entwickeln, die gemeinwohlorientierten Zwecken dienen.
2.Gutes Geld!
Immovielien werden von den meisten Geschäftsbanken mit spitzen Fingern oder gar nicht finanziert. Sie erfüllen selten die eingeübten oder vorgeschriebenen Standards und bringen ihr Eigenkapital häufig im Kollektiv und nicht in Form von Eigen- und Sachleistungen zusammen. Das angepasste Vermögensanlagegesetz erschwert die gemeinschaftliche Finanzierung zusätzlich. Nur Alternativbanken haben aktuell das nötige Know-how, um Immovielien spezialisiert zu beraten. Hinzu kommt, dass die normale Finanzierungspraxis die Projekte zwingt, ihre Vorhaben zu einem Zeitpunkt bis zum Ende zu planen, wo noch nicht klar sein kann, welche abschließende Nutzungsstruktur die für die Zwecke effektivste ist. Die Länder sollten mit ihren Landesförderbanken über das Thema Wohnen hinaus Bürgschaftsschirme für gemeinwohlorientierte Vorhaben einrichten und eine schrittweise Finanzierung und/oder Risikoabsicherung der Initiativen ermöglichen. Auch der vereinfachte Zugang zu Krediten von Geschäftsbanken und die Anerkennung von Eigenleistung als Eigenkapital stellen wichtige Bausteine dar. Und schließlich muss die jüngste Anpassung des Vermögensanlagegesetzes so überarbeitet werden, dass ein unterstützender Rahmen für kollektiv finanzierte Projekte entsteht und gerade für die kleinen und mittleren, lokal wirksamen Projekte keine zusätzlichen Hürden aufgebaut werden.
3.Andere Förderung!
Immovielien fallen wegen ihrer vieldimensionalen Nutzungsstrukturen und vielfältigen Partner häufig durch vorhandene Förderraster oder müssen mehrere Förderschienen mit verschiedenen Logiken bedienen. Nahezu alle Förderzugänge fordern eine abgeschlossene Planung des Objektes, was einer schrittweisen und damit robusten Entwicklungsstrategie im Weg steht. Die Städtebauförderung ist in der Regel für private Initiativen nicht zugänglich und die Wohnraumförderung, die häufig von Immovielien in Anspruch genommen werden könnte, verkompliziert und verteuert wegen der erhöhten Standards das Bauen im Bestand. Die vorhandenen Förderprogramme müssen also auf vielen Ebenen angepasst werden. Insbesondere sollten Vorarbeiten zur Entwicklung von Immovielien gefördert werden, und es sollten »Agenten« zur Verfügung gestellt werden, die Immovielien in der Entstehungsphase immobilienwirtschaftlich und projektorganisatorisch qualifizieren. Das NRW-Förderprogramm »Initiative ergreifen – Bürger machen Stadt« könnte hierfür Pate stehen.
4.Passendes Recht!
Es gibt keine Gesellschaftsform, die das gemeinschaftliche Wirtschaften für das Gemeinwohl befördert. Gemeinwohlorientierte Immobilieninvestoren nutzen häufig organisatorische Formen, die nicht zu ihnen passen, und sie müssen über Umwege (Denkmalschutz, Völkerverständigung etc.) argumentieren, um die Gemeinnützigkeit zu erlangen. Zum einen ist es längst Zeit, die Abgabenordnung auf ihre Aktualität hin zu überprüfen und ggf. neue Kriterien für stadtteil- und nachbarschaftsbezogene Vorhaben zu entwickeln. Zum anderen sollte die beendete Diskussion über die Einführung der Kooperativgesellschaft nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine passende Gesellschaftsform für lokale, kooperative, engagierte und gemeinwohlorientierte Projekte weiterhin fehlt.
5.Mehr Augenhöhe!
Viele kommunale Akteure trauen Finanzinvestoren oder Bauträgern mehr Durchsetzungsstärke und mehr Geschwindigkeit zu als lokalen und kooperativen Initiativen. Der Vorzug, dass Letztere keine oder wenig Rendite erwarten und sich im Allgemeinen nicht zurückziehen, wenn es brenzlig wird, wird kaum gesehen. Viele Immovielienmacher haben ein prinzipielles Misstrauen gegenüber linearen Verwaltungsstrukturen und politischen Prozessen entwickelt, das nicht immer nur auf eigenen Erfahrungen gründet. Und die Konzentration auf die eigene Sache verdrängt den größeren Kontext – insbesondere das kommunale Abwägungsgebot – aus dem Blickfeld. Wir müssen das Wissen, das es aus der Kooperation zwischen Immovielien und öffentlichen Händen gibt, in die Ausbildung der kommenden Stadtmacher bringen, die vorhandenen Beratungsnetzwerke- und Strukturen der Immovielien stärken und unterstützen und mit einem Handbuch für Immovielienentwickler Qualitäten für eine gemeinwohlorientierte Immobilienentwicklung formulieren.