Kirchliche Räume

Wie können leerstehende oder unterbenutzte Kirchenimmobilien gemeinwohlorientiert genutzt werden? Am 30.04. organisierte das Netzwerk Immovielien einen Online-Austausch, um sich über Chancen und Herausforderungen dieser besonderen Immobilien auszutauschen. Dabei erhielten wir Expertinnen-Inputs von Karin Berkemann (Manifest „Für eine neue Verantwortungsgemeinschaft: Kirchen sind Gemeingüter!“), Birgit Kasper (Netzwerk Frankfurt für Gemeinschaftliches Wohnen / Ausstellung „Heilige Räume – Neue Konzepte“) und Ania Corcilius („St. Maria als“ Kirche in Stuttgart). Wir bedanken uns bei den Inputgeberinnen und allen Teilnehmenden!
 
Rechtsexpertin und langjähriges Netzwerkmitglied Angelika-Majchrzak-Rummel hat im Anschluss zusammen mit Netzwerkmitglied Johannes Hochholzer einen Beitrag inklusive Interview zu diesem Thema verfasst, den wir hier veröffentlichen.
 
Alle kirchlichen Konfessionen sehen sich ähnlichen Herausforderungen gegenüber, die aus dem Spannungsverhältnis zwischen einer Vielzahl von kirchlichen Gebäuden und dem damit verbundenen Investitionsbedarf resultieren, während die Nutzung dieser Gebäude für sakrale Zwecke gleichzeitig abnimmt. Die Einnahmen sinken durch Mitgliederschwund, bedingt durch Kirchenaustritte und den demografischen Wandel, insbesondere durch den Renteneintritt der Babyboomer-Generation. Viele Kongregationen als Eigentümer sind überaltert, schrumpfen und sehen sich gezwungen, sich von Klöstern oder Schulen zu trennen. Diese Problematik ist seit Jahren bekannt, doch die Geschwindigkeit der Veränderungen nimmt deutlich zu.
 
Die Eigentümerinnen können wahlweise folgende Grundhaltungen einnehmen:
 
Kirchengebäude sollen ohne ihren liturgischen Gebrauch veräußert werden, um Einnahmen zu generieren, die an anderer Stelle dringend benötigt werden.
 
Kirchengebäude sind die bedeutendsten Zeugnisse des kulturellen Erbes Europas und weit mehr als nur Räume für christliche Bekenntnisse. Den Eigentümern und der Gesellschaft kommt die Verantwortung zu, eine angemessene Nachnutzung zu finden. Hierüber besteht bereits seit Jahren ein intensiver Diskurs.
 
Das Letzte unterstreicht das Kirchenmanifest. Die Landeskirchen waren bei der Abfassung des Kirchenmanifestes nicht direkt beteiligt, um die gesellschaftliche Diskussion in der breiten Öffentlichkeit zu bringen. Über change.org kann die Petition weiterhin unterzeichnet werden. Die Resonanz ist beachtlich und die Landeskirchen haben wohlwollend reagiert.
 
Schauen wir uns einige Handlungsoptionen an.
 
Die evangelische Kirche hat eine Internetseite aufgebaut, in der kirchliche Grundstücke und Gebäude angeboten werden. Mangels übergreifendem Konzept der evangelischen und katholischen Kirche hat die Stadt Nürnberg ein eigenes „Denkmalkonzept Kirchen“ beschlossen. Mit dem „KDK“ (Kommunales Denkmalkonzept Kirchen) soll nach Lösungen gesucht werden, wie mit nicht mehr benötigten denkmalgeschützten Kirchengebäuden umgegangen werde. Ziel sei es, die Kirchen zu vernetzen und gegebenenfalls Kirchengebäude an andere Religionsgemeinschaften vermitteln oder neue Nutzungskonzepte anzustoßen. Langfristig könnte es notwendig sein, eine neue Trägerschaft zu gründen, die für profanierte Denkmäler und deren kirchliche Ausstattung (wie Orgeln und Glasfenster) Verantwortung übernimmt und deren kulturelle Bedeutung wahrt. Möglicherweise können Ideen aus NRW für die ehemaligen Zechen übernommen werden. In Lübeck hat sich die 7Türme+Stiftung in Gründung zum Erhalt des UNESCO-Weltkulturerbes der Lübecker Innenstadtkirchen zusammengefunden.
 
Natürlich gibt es auch positive Beispiele für Transformation durch die Kirche selbst. Baukultur NRW hat viele Beispiele zusammengetragen, wie eine Neucodierung, Umnutzung oder bauliche Veränderung mit und ohne sakrale Weiterverwendung erfolgen kann. Jedes Projekt ist ein Unikat. https://www.zukunft-kirchen-raeume.de/ Weltweite Beachtung findet “boekhandel Dominicanen” in der jahrhundertealten Dominikanerkirche in Maastricht. Vor zweihundert Jahren verlor die Kirche ihre sakrale Funktion und diente schon als Schlangenhaus, Fahrradschuppen und Karnevalstempel.
 
Könnten kirchliche Räume auch für Wohnprojekte umgenutzt werden? Die einen haben Gebäude, die nicht mehr / nicht mehr für ihren ursprünglichen Zweck genutzt werden und die anderen suchen Gebäude. Zwischen “Kirche” und “Wohnprojekt” lassen sich zahlreiche Schnittmengen erkennen. Beide teilen ähnliche Werte, wie den Gedanken, dass „Luxus im Teilen liegt“. Beide streben danach, über den bloßen Raum hinaus einen Mehrwert für das Quartier zu schaffen. Zudem besitzt die Immobilie für beide einen hohen Identifikationswert für die Gemeinschaft. Um diesen Diskurs zu fördern, hat das „Netzwerk Frankfurt für gemeinschaftliches Wohnen“ eine Ausstellung entwickelt. Zu den porträtierten Projekten gehört das Cohaus Kloster Schlehdorf, mit Clusterwohnungen und Gewerberäume. Die neue Eigentümerin (GmbH) ist eine 100% Tochter der WOGENO München eG.
 
Dieses Projekt hat Johannes Hochholzer mit aufgebaut. Gleichzeitig bleibt er weiterhin den Missions-Dominikanerinnen verbunden, die nun als JETZT-Gemeinschaft in einer Einheit der WOGENO München eG leben. Doch das ist eine andere Geschichte.
 
Interview mit Johannes Hochholzer
 
Johannes Hochholzer ist Prozessbegleiter mit einer Leidenschaft für komplexe Zusammenhänge und ko-kreatives Arbeiten. Für dreieinhalb Jahre hat er als Geschäftsführer wesentlich zum Aufbau des Cohaus Kloster Schlehdorf beigetragen und in dieser Zeit mit Anna Schölß das künstlerische Forschungsprojekt TRANSFORMATIONEN entwickelt. Mit einem Hintergrund in Biophysik, systemischem Denken und künstlerischer Praxis unterstützt er Menschen und Organisationen in Veränderungsprozessen. Ihn treibt an, Bedingungen zu schaffen, unter denen Zusammenarbeit wirksam, menschlich und langfristig tragfähig wird. Als Vorstand und Gründungsmitglied von MIWO e.V. setzt er sich dafür ein, dass in München ein neues Wohnheim für internationale Studierende entsteht. https://www.wonderlink.de/@johanneshochholzer
 
Was unterscheidet den Kauf einer kirchlichen Immobilie vom Kauf von einer Privatperson? Welche Ansprechpartner gibt es? Wer ist formell legitimiert?
 
Wenn von „Kirche“ die Rede ist, gilt es genau hinzuschauen. Jede kirchliche Organisation hat eigene Strukturen. Hier einige Beispiele:
 
Die katholische oder evangelische Kirche selbst sind als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert. Kirchliche Organisationen, wie beispielsweise die Caritas oder die Diakonie sind aus historischen Gründen sind eingetragene Vereine. Katholische Pfarreien werden durch eine Kirchenstiftung vertreten. Katholische Orden sind oftmals wie die Kirche selbst als Körperschaften öffentlichen Rechts verfasst.
 
Grundsätzlich sind kirchliche Organisationen hierarchisch organisiert, dementsprechend braucht es für Verhandlungen die Zustimmung der höheren Ebenen. Hier geht es nun wirklich ins Detail und es ist hilfreich, sich vor den Verhandlungen über die Strukturen zu erkundigen: Vielleicht kann eine Person, die ehrenamtlich in der Organisation tätig ist, Auskunft geben, manchmal ist ein Organigramm im Internet ein erster Anhaltspunkt, andere Projekte oder Prozessbegleiter:innen können von ihren Erfahrungen zur internen Mechanik berichten.
 
Wenn beispielsweise eine Pfarrei ihr Pfarrhaus oder ihre Kirche verkauft, dann muss zum einen der Stiftungszweck der Kirchenstiftung gewahrt bleiben und gleichzeitig die Zustimmung des Dekanats (so etwas wie der Landkreis) und der Diözese (so etwas wie ein Bezirk) eingeholt werden. Für die Verhandlungen selbst gibt es oft einen zentralen Ansprechpartner vor Ort. Allerdings lohnt es sich, darüber nachzudenken, ob und wie die anderen Entscheidungsebenen beeinflusst werden können und sollen. Ein Orden päpstlichen Rechts kann selbst über die Vergabe von Immobilien entscheiden, die höchste Ebene (beispielsweise das Generalat) stimmt zu und der Papst hat eine Art Veto-Recht. Ein Orden bischöflichen Rechts ist dagegen an die Genehmigung des Bischofs gebunden. Dementsprechend kann ein Verkauf beispielsweise im Provinzrat (dem regionalen Entscheidungsgremium) beschlossen werden und anschließend braucht es eine Zustimmung von den höheren Ebenen und je nach Organisationsform dem zuständigen Bischof.
 
Diese Beispiele zeigen, dass Verzögerungen oder Hemmnisse im Verhandlungsprozess auch durch die Entscheidungsstrukturen bedingt sein können und es dementsprechend Geduld und Recherche zu Hintergrundinformationen braucht.
 
Werden Immobilien mehr verkauft oder ist Erbbaurecht beliebter?
 
Prinzipiell sind beide Optionen denkbar. Oft wird Erbbaurecht favorisiert, um die Immobilie selbst im kirchlichen Besitz zu behalten. Hier lohnt sich wieder ein Blick auf die Strukturen. Ein Orden, der mit sinkenden Mitgliedern konfrontiert ist, wird sich über die Laufzeit des Erbbaurechts verändern, wenn nicht auflösen. Dementsprechend kann man in diesem Fall beispielsweise darauf spekulieren, zu einem späteren Zeitpunkt die Immobilie selbst zu erwerben oder gleich einen Verkauf ins Gespräch zu bringen.
 
Welche Besonderheiten sind bei kirchlichen Gebäuden zu beachten?
 
Ich kann nur empfehlen, sich mit den Hintergründen des Verkaufs und des Objekts an sich auseinanderzusetzen. Kirchliche Immobilien sind oft tiefer mit den Menschen vor Ort verwoben, als auf den ersten Blick zu sehen ist. Das ehemalige Altenheim ist vielen in Erinnerung, weil sie dort ihre Alten und Kranken besucht haben und vielleicht selbst einmal dort einziehen wollten. Die Räumlichkeiten der Klosterschule sind Menschen aus dem ganzen Landkreis bekannt und sie können Geschichten zu den Lehrer:innen und ihrer eigenen Kindheit und Jugend erzählen. Dementsprechend gibt es eine Art Abschiedsschmerz, wenn ein Standort aufgegeben wird oder eine neue Nutzung gesucht wird, insbesondere auch bei Sakralräumen. Das Aufgeben einer Immobilie ist ein pragmatischer Schritt, dahinter liegt jedoch die Veränderung der kirchlichen Strukturen an sich, die bei den Menschen vor Ort positive oder negative Reaktionen auslösen. Ordensgemeinschaften verkaufen Objekte, weil sie den Unterhalt selbst nicht mehr leisten können und das Geld für die Altersvorsorge ihrer Ordensmitglieder benötigen.
 
Daher ist die Arbeit an der Transformation dieser Gebäude nicht zu unterschätzen und birgt gleichzeitig Chance und Potential. Das lässt sich auch am Beispiel der „goldenen Energie“ sehen, die neben der grauen Energie (der Gebäudesubstanz an sich mit gebundenem CO2) in einem Gebäude steckt. Die goldene Energie bezeichnet, was die Stimmung und Ausrichtung des Ortes an sich ausgezeichnet hat. In einem Kloster eines Klausurordens, dessen Mitglieder nach ihrer Aufnahme das Gebäude nicht mehr verlassen durften, eine internationale Begegnungsstätte einzurichten, ist deutlich herausfordernder als wenn es sich um ein Kloster eines international tätigen Ordens handelt, wo bereits Menschen verschiedener Kulturen gelebt haben und an die Praxis eines offenen Hauses angeknüpft werden kann. Die Auseinandersetzung mit Hintergrund und Geschichte der Immobilie kann Hinweise für das Gelingen der Umnutzung geben und gerade diese geschichtliche Forschung bietet die Möglichkeit, die lokale Bevölkerung einzubeziehen.
 
Kirchliche Immobilien stehen oft unter Denkmalschutz. Kann das auch eine Chance sein? Welche Herausforderungen gibt es?
 
Falls das Gebäude oder Areal unter Denkmalschutz steht, wird die Runde der Beteiligten noch einmal größer: Untere und obere Denkmalschutzbehörde müssen nun in den Prozess einbezogen werden. Hier lohnen sich frühzeitige Gespräche zu möglichen Nutzungen und den Konsequenzen, die sich aus dem Denkmalschutz ergeben. Dabei gibt es viele Facetten: Von denkmalgeschützten Möbeln, die im Objekt verbleiben sollen bis zu Fassade und Grundriss, die erhalten werden sollen. Hier gibt es viele Abstufungen und Grautöne, die im Gespräch auszuloten sind. Mittlerweile haben viele Denkmalschützer:innen verstanden, dass Denkmäler nicht immer museal erhalten bleiben können, sondern durch eine neue, abweichende Nutzung mit Leben gefüllt werden und auf diese Art und Wiese der Erhalt gesichert ist.
 
Manchmal lohnt sich der Einsatz von Fördermitteln, jedoch ist es auch möglich, dass diese einen unverhältnismäßigen Mehraufwand verursachen und dementsprechend die Kosten treiben. Auch die Untersuchung auf mögliche Nutzungen und die Klärung von technischen Fragen im Kontext vom Denkmalschutz wird teilweise gefördert, dazu gibt es selten öffentliche Informationen, sondern hier lohnt sich wiederum das Gespräch mit den Denkmalschützer:innen.
 
Welche zusätzlichen Genehmigungen müssen eingeholt werden? Welche zeitlichen Verzögerungen gibt es? Gibt es typische Hemmnisse?
 
Die Umnutzung einer kirchlichen Immobilie ist in den meisten Fällen mit einer baurechtlichen Nutzungsänderung verbunden. Auch wenn ein Schwesternwohntrakt auf den ersten Blick Ähnlichkeiten zu einem Wohnprojekt aufweist, kann an vielen Stellen nur sehr bedingt an Bestandsschutz angeknüpft werden. Gerade bei größeren Arealen und mehreren Akteuren in der Nachbarschaft ist man mit einer Scheibchen-Taktik verloren, weil die Zusammenhänge derart komplex sind. Daher empfehle ich die Schaffung eines runden Tisches, an dem alle Beteiligten von Architekt:innen, Nutzer:innen, Bauämter, Denkmalschutz und im Idealfall auch die vorherigen (oder noch derzeitigen Eigentümer:innen) zusammenkommen.
 
Kirchliche Immobilien sind gewachsene Strukturen, dementsprechend hat sich die Nutzung bereits mehrfach geändert, Anbauten wurden ergänzt, usw. Diese Besonderheiten machen sich bei der Umnutzung bemerkbar: Während die kirchliche Seite die Immobilie vielleicht schnell loshaben möchte, braucht es oftmals eine Übergangszeit oder auch Rücktrittsregelungen bei einem Kauf, wenn es die Mitwirkung der bisherigen Eigentümer:innen bei einzelnen Punkten notwendig ist oder eine große Unwägbarkeit besteht. Beispielsweise wurde in einem Projekt Kloster und Kirche 1802 durch die Säkularisation formell getrennt, d.h. das Kirchengebäude wechselte in den Besitz des Freistaat Bayern und das Kirchengebäude war zunächst in Privatbesitz und wurde später von einem Orden erworben. Während diese Trennung auf dem Papier vereinbart war, sind beide Gebäude in Realität weiterhin verbunden, sind gegenseitig auf Treppenhäuser, Stromleitungen, Regenrinnen und vieles mehr angewiesen. Um eine Nachnutzung für das Klostergebäude zu ermöglichen, brauchte es Vereinbarungen mit dem Freistaat Bayern. Dieses Beispiel zeigt, warum der Umnutzungsprozess von solchen gewachsenen Immobilienstrukturen oftmals mehrere Jahre braucht und entsprechend eingeplant, eingepreist und vertraglich abgesichert werden sollte.
 
Ein anderes Beispiel ist der Brandschutz, wo neben den technischen Fragen im Gebäude viele Herausforderungen im Detail bestehen: Auf einem größeren Areal soll in einem Gebäude ein Kindergarten entstehen, während in einem anderen Gebäude ein Wohnprojekt entsteht. Beide Gebäude sind durch einen Durchgang verbunden, der verschlossen werden soll, da beide Projekte verschiedene Eigentümer haben werden. Nun stellt sich die Frage, wie der Brandüberschlag zwischen den beiden Gebäuden verhindert werden soll, wo die beiden Gebäude allerdings nie als separate Einheiten gedacht waren. Einige Punkte lassen sich vielleicht technisch heilen, sofern die vorgeschlagenen Maßnahmen nicht unwirtschaftlich sind, alles weitere lässt sich lediglich durch rechtlich bindende Vereinbarungen klären, die individuell zu erstellen sind.
 
Gibt es Architekt:innen, Fachleute, die besondere Expertise haben? Wie findet man diese?
 
Je nach Größe des Projekts empfehle ich eine Projektsteuerung, die bereits in ähnlichen Projekten Erfahrungen gesammelt hat oder mit Mediation und anderen Herangehensweisen vertraut ist, da es viel um Vermittlung und Klärung von Anliegen verschiedener Akteure geht.
 
Grundsätzlich ist eine Kenntnis im jeweiligen Kontext Kirchliche Immobilien / Denkmalschutz / Bestandssanierung / etc. hilfreich. Wichtiger finde ich jedoch fast, dass alle Auftragnehmer des Projekts ein Interesse am Projekt selbst mitbringen. Es geht um das Finden von ungewöhnlichen Lösungen, die jedoch den Kern das Projekts berücksichtigen und weniger um das aufregendste Konzept im Bereich Architektur / Technik / … Daher braucht es Menschen, die sich dieser Aufgabe mit einem forschenden und neugierigen Geist stellen. Leider kenne ich keine gute Übersicht von Akteuren, die in diesem Kontext bereits Erfahrungen gesammelt haben – oft braucht es verschiedene Perspektiven, die zusammengefügt werden. Erste Informationen und Anregungen zu existierenden Umnutzungen finden sich beispielsweise auf der Webseite bei Zukunft Kulturraum Kloster e.V. oder beim Forschungsprojekt TRANSARA zur Umnutzung von sakralen Kirchenräumen. Einige kirchliche Organisationen haben sich bereits aktiv dem Thema gewidmet, dort gibt es entsprechende Materialien und Ansprechpartner, so beispielsweise im Erzbistum Köln oder in Nordrhein-Westfalen.
 
Wie könnte die Kommune eine Gruppe unterstützen, die eine kirchliche Immobilie erwerben möchte?
 
Grundsätzlich ist die Kommune in den Prozess involviert, weil wie beschrieben meistens eine baurechtliche Nutzungsänderung oder Baugenehmigung notwendig ist. Zusätzlich liegen kirchliche Immobilien im Flächennutzungsplan oft in Gebieten, die als Fläche für Gemeinbedarf beispielsweise Erziehung oder Altenpflege gewidmet ist. In diesen Fällen kann darüberhinaus auch eine Änderung des Bebauungsplans notwendig sein.
 
Von Projektseite ist es hilfreich, früh die Wünsche und Befürchtungen der Kommune mitzudenken (siehe auch Geschichte und goldene Energie des Gebäudes). Welche Mehrwerte entstehen für die Gemeinde, damit die Zustimmung und Unterstützung gesichert ist?
 
Für Kommunen ist es eine Erleichterung, wenn sich jemand eines solchen Projekts annimmt, weil gerade kleinere Kommunen mit der Aufgabe der Umnutzung überfordert sind. Dennoch lassen sich oft Synergien finden, beispielsweise mit der Einrichtung von einem Kindergarten oder anderen Einrichtungen aus dem kommunalen Aufgabenbereich. Vielleicht kann ein Dorfplatz als neue Ortsmitte gemeinsam realisiert werden oder bestehende Einrichtungen der Kommune oder der Zivilgesellschaft nutzen Teile des Gebäudes mit? Je klarer die Kommune den Mehrwert des Projekts erleben und erspüren kann, desto eher lassen sich Möglichkeiten in den rechtlichen Grauzonen finden, beispielsweise als Zwischennutzung bis zur offiziellen Genehmigung. Da viele der Themen auch für die kommunale Seite Neuland sind, kann es hilfreich sein, die Bürgermeister:innen sowie die beteiligten Gremien und Verwaltungsmitarbeitenden aktiv mit auf die Reise zu nehmen und durch Angebote wie das Starke Orte Netzwerk vom Netzwerk Zukunftsorte weiterzubilden.
 
Herzlichen Dank für die ausführlichen Antworten, Johannes. Man kann leicht erahnen, welche Komplexität hinter der Transformation einer kirchlichen Liegenschaft steckt. Ihr habt bewiesen, dass es gelingen und für alle Beteiligten eine WIN-WIN-Situation entstehen kann. Sicherlich ist ZEIT der zentraler Faktor. Ich wünsche dir / euch viel Erfolg bei den laufenden Projekten.
 
Mein Fazit
 
Viele kirchliche Räume gehören (bald) zu den sog. obsoleten Räumen. Ihre alten Funktionen werden überflüssig, während sich neue Funktion noch nicht ausgebildet haben. Die räumliche Krise bietet Chancen zur Neuausrichtung, wenn Potenziale systematisch verstanden und genutzt werden. So können sie möglicherweise die Zukunftsräume von morgen werden.
 
Dieser Text erschien zuerst im Mai 2025 auf dem Projekt Wohnen Blog von Angelika Majchrzak-Rummel. Der Blog kann hier abonniert werden: https://steadyhq.com/de/projekt-wohnen/about