Es ist ein Ort mit besonderer und geschichtsträchtiger Atmosphäre: Wo die Straße Richtung Stralsund aus der Greifswalder Innenstadt herausführt, auf der Brücke über den Ryck, spürt man plötzlich ganz deutlich die Nähe zum Meer. Die schmucke Hansestadt wird schon im Mittelalter nach dem Greif, dem Wappentier der pommerschen Herzöge, benannt und Mitte des 19. Jahrhunderts wird das Fabelwesen auch Namensgeber für ein neues Konzert- und Gesellschaftshaus an der Stralsunder Straße 10/11. „Zum Greif“ hat es geheißen. Theater wurde in seinem prächtigen spätklassizistischen Emporensaal gespielt, auch die Stadthalle war hier mal beheimatet. Heute – 170 Jahre später – steht das historische, denkmalgeschützte Gebäude schon lange leer und ist schwer baufällig. Sogar der Abriss stand lange zur Diskussion. Nun aber kommt es anders: Seit Sommer 2016 werkeln die Handwerker. Ein gemeinwohlorientiertes Haus für die Nachbarschaft – mit Wohnungen, Werkstätten, Büros, Gastronomie und Räumen für Kunst und Kultur – entsteht. Ganz norddeutsch frech umgetauft allerdings: Die „Straze“ ist von den Projektmachern des Vereins „Kultur und Initiativenhaus Greifswald e.V.“ auf den Weg gebracht.
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Alle unter einem Dach
Im Zentrum dieser Allianz steht eine gesellschaftliche Utopie: Ein Freiraum zum Entwickeln und Umsetzen von sozialen Projekte ohne finanziellen Druck. Ein Ort, der offen und einladend ist und trotzdem durch einen solidarischen Umgang Schutz bietet. Auch in einer Universitätsstadt wie Greifswald, wo Studenten kommen und gehen, braucht es dauerhafte „alternative“ Strukturen, die Perspektive bieten für die Menschen, die bleiben wollen. Der Freundeskreis, aus dem die Idee zu dem Haus für Initiativen hervorgeht, vereint zugezogene und alteingesessene. Gemeinsam wollen sie etwas aufbauen.
Für den Kauf und die Bewirtschaftung der künftigen Immobilie wählt der Verein ein Modell, dass Selbstorganisation und Langlebigkeit vereint – das des „Mietshäuser Syndikat“. Der bundesweite Verband aus Hausprojekten gewährleistet weitestgehende Autonomie bei der Projektentwicklung und Bewirtschaftung. Gleichzeitig ist das Syndikat Mitbesitzerin alle Häuser und erhält die Immobilien so über Generationen hinweg als Wohn- und Projekthäuser mit günstigen Mieten.
Die Stralsunder Str. 10/11 bietet mit ihrem 8.500-Quadratmeter-Grundstück nur wenige Meter von der Innenstadt eine Vielzahl von Entwicklungsmöglichkeiten. Der schlechte Zustand des Gebäudes und die Auflagen für den Denkmalschutz waren Vor- und Nachteil zugleich.
Nach mehreren ergebnislosen Kaufangeboten setzte der Verein auf Öffentlichkeitsarbeit. Immer konkreter wurde die Vision des Initiativenhauses auf Veranstaltungen und bei Aktionen bekannt gemacht. Eine Stiftung und eine Bank konnten als Investoren gewonnen werden. Nach fast fünf Jahren ging die Strategie der Initiative auf. Ihr Konzept für Restaurierung und die Bewirtschaftung des Saals diente dem Denkmalamt als Grundlage, den Abriss des Ensembles zu verweigern.
Geschichte – „zum Greifen“ nahe
Wie prächtig das heute verfallen wirkende Gebäude einst gewesen ist, lässt sich im ehemaligen Emporensaal erahnen. Der Raum ist in seiner spät-klassizistischen Ausstattung in Teilen erhalten geblieben, auch wenn die jahrzehntelange Nutzung als Turnhalle Spuren hinterlassen hat. Dreht man sich auf dem abgewetzten Parkett um, fällt auf, dass die Bühne fehlt. Sie wurde zu DDR-Zeiten zu Umkleiden und Duschräumen umgebaut, der Zugang zum Saal vermauert. Schaut man im Saal nach oben, fallen drei schlichte Deckenrotunden ins Auge. Zu den Hochzeiten des Gesellschaftshauses „Zum Greif“ wurden durch die Rotunden Kronleuchter mit echten Kerzen heruntergelassen. Auf dem Dachboden kann die Vorrichtung dafür noch besichtigt werden.
Nachdem sich durch den Neubau einer Stadthalle und eines Theaters Anfang des 20. Jahrhunderts die ursprüngliche Nutzung des Hauses erübrigt hatte, fiel es der Universität Greifswald zu. Über die Jahrzehnte zogen diverse Institute ein und aus. Zuletzt wurde der ehemalige Hoteltrakt nur noch als Studentenunterbringung genutzt. Denkmalgerechte bauliche Investitionen waren zu DDR-Zeiten auf Grund des Materialmangels selten. Auch nach der Wende entschied sich die Universität, nicht weiter zu investieren und verkaufte 2007 schließlich das inzwischen schwer renovierungsbedürftige Ensemble an das Petruswerk (Katholische Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft mbH, eine Tochter der AVILA Holding).
Der auf Wohnungsbau spezialisierte Investor gab allerdings schnell bekannt, dass er sich ohne erhebliche Zuschüsse von der Stadt nicht in der Lage sieht, das Gebäude zu erhalten. Die Stadt Greifswald geriet in eine vertrackte Situation. Auf der einen Seite gab es mit dem Petruswerk einen etablierten Investor, der schnell nachgefragten Wohnungsbau umsetzten wollte. Auf der anderen Seite gab es eine Bürgerinitiative zum Erhalt der Altstadt und das Bau- und Denkmalamt. Beide wollten einen Abriss verhindern. Diesen Umstand erkannte eine kleine Gruppe engagierter Greifswalder als Chance. Sie entwickelten ein Konzept, welches nicht nur die Fassade erhält, sondern auch den Saal wieder zu seiner ursprünglichen Nutzung zurückführt. Mit dieser Vision wurde in Greifswald Stück für Stück eine Allianz geschmiedet. Fast fünf Jahre dauerte es bis der Investor aufgab und verkaufte.
Bauen mit Fremden und anderen Freunden
Instandhaltungsarbeiten wurden in den fünf Jahren Leerstand nicht durchgeführt. Hätte gute Geister nicht ab und zu im Haus nach dem Rechten geschaut, eine Regenrinne oder Loch im Dach notdürftig repariert, sähe die Lage noch trostloser aus. Dementsprechend ging es, als im Frühjahr 2014 der Kauf rechtskräftig wurde, zunächst in die Gebäudesicherung. Von Beginn an zahlte sich aus, dass viele im „harten Kern“ des Vereins schon Erfahrung im kollektiven Bauen und Sanieren hatten. Die ca. 2.600 Quadratmeter Nutzfläche der „Straze“ waren aber nicht ohne weitere Hilfe zu bewältigen.
Der Verein organisierte daher regelmäßig unbezahlte Arbeitseinsätze am Wochenende; sogenannte Subotniks. Die aus der Sowjetunion stammende, in der DDR übernommene Tradition, kommt heute, mit etwas Augenzwinkern, wieder gut an. Schutt rausbringen, Schornsteine abtragen, Abstützungen im Haus bauen, Fußbodenbeläge und Öfen sowie vergammelte Holzdielen rausreißen und entsorgen: Das erinnert viele an früher und kann, gerade in einer größeren Gruppe, richtig Spaß machen. 1.300 Menschen kamen alleine 2014 an drei Subotniks und dem Tag des offenen Denkmals als Helfer Besucher auf das Gelände. Parallel zu den Arbeiten in und zum Gebäude wurde der Garten von wuchernden Brombeerhecken befreit und mit „open air“ Projekten wie Musik-Festivals und Flohmarkt bespielt.
Die Events auf dem Gelände hatten einen wichtigen Nebeneffekt für die Finanzierung des Projekts. Mit knapp fünf Millionen Euro veranschlagen die Greifswalder die Kosten für Umbau und Sanierung des Ensembles. Ein möglichst großer Anteil soll durch Spenden sowie private Kredite aufgebracht werden. Mit sogenannt Leih- und Schenkgemeinschaften etwa lässt sich das Projekt auch von Menschen ohne Vermögen unterstützen. Bei diesem Finanzierungsinstrument zahlen die Gebenden über einen längeren Zeitraum kleine Summen, z.B. monatlich 50 Euro über zwei Jahre. Die Gesamtsumme wird aber nicht erst am Ende, sondern bereits zu Beginn ausgezahlt und kann verbaut werden. Als Bürge tritt die Bank ein. Der starke Fokus auf Beteiligungsmöglichkeiten in der Bau- und Planungsphase ist der Dreh- und Angelpunkt bei der „Straze“. Durch einen großen Unterstützerinnenkreis können die Baukosten und damit die späteren Mietpreise sozial verträglich gestaltet werden. In dem geplanten Veranstaltungsraum im historischen Saal sowie in Werkstätten und Seminarräumen sollen möglichst viele günstige Angebote stattfinden können.
Nicht nur bei der Finanzierung, auch bei den Baumaßnahmen geht die „Straze“ neue Wege. Zur Reduzierung der Lohnkosten beim Bauen setzt das Projekt neben Muskelkraft von Laien auf ehrenamtliche Arbeit von Profis: Den reisenden Gesellen. Dazu hatten die Greifswalder zum offiziellen Baubeginn im Sommer 2016 zu einer Sommer Soli-Baustelle eingeladen. Die Sommerbaustelle ist unter „Freireisenden“, also Gesellen auf Wanderschaft, eine neuere Tradition. Jeden Sommer gibt es die Möglichkeit ein anderes, meist gemeinnützig orientiertes Projekt zu unterstützen, in dem auf den Arbeitslohn verzichtet wird. Kost und Logis stellt das Projekt.
Neben den Fremden wohnten auch viele andere Helfer vorübergehend in kleinen Zelten im Garten der „Straze“. An Hut und Kragen erkannten sich die Insider aber sofort. Für alle gab es an der Bauhütte eine Wand mit kleinen Steckbriefen, auf denen sich jeder vorstellte, eine Art analoges Facebook. Neben Maurern und Zimmerern waren noch ein Dutzend anderer Handwerker vertreten. Eine Schneiderin hatte alle Hände voll zu tun, die Kluften und Schutzkleidung zu reparieren. Die Köche und Bäcker, stilecht mit weißer Jacke und Kochmütze, versorgten jeden Tag bis zu 100 Menschen in der eigens gebauten Außenküche. Auf der Baustelle selber wurden unter Anleitung der Zimmerer beschädigte Balken im künftigen Wohntrakt angelascht oder ersetzt. Zusammen mit den Mauerarbeiten und der Verankerung der Deckenbalken wurde so in acht Wochen ein gutes Stück in Richtung Ertüchtigung von Fundament, Hülle und Dach getan. Nebenbei wurden Dutzende originale Fensterrahmen und die monumentale hölzerne Eingangstür restauriert.
Die Ergebnisse dieser Herangehensweise ans Bauen lassen sich nicht mit herkömmlichen Mitteln messen. Die Organisation ihrer Arbeit vergleichen die Greifswalder gerne mit einem grönländischen Husky-Gespann. Für eine fächer-förmige Anleitung der Schlittenhunde braucht es viel Platz. Die Hunde sind weniger schnell, aber dafür halten sie länger durch. Im September endete die erste Sommerbaustelle mit einem großen Fest und einer nachgebauten Straze aus Schokolade. So süß kann bauen sein und Schokolade liefert ja bekanntlich auch viel Energie. Genau die wird sicher noch reichlich benötigt, bis diese Immobilie für Viele bezogen werden kann, aber der Anfang ist gemacht.
Autorin: Caroline Rosenthal
Projekt
„Straze“, Kultur- und Initiativenhaus Greifswald e.V., Stralsunder Straße 10 GmbH
Gebäudetyp
Konzert- und Gesellschaftshaus „Zum Greif“
Baujahr 1847
Früher genutzt als Theater und Stadthalle sowie Hotel mit denkmalgeschütztem spätklassizistischem Emporensaal,
Gesamtfläche oder Nutzflächen nach Nutzung
Gesamtfläche innen: 3.400 qm
Gesamtfläche außen: 8.430 qm
Drei Flurstücke gehören zur „Straze“. Nur das vorderste ist bebaut. Das mittlere Flurstück wird nicht bebaut. Die Freiflächen werden die Projekte im Haus sowie die Besucher und Bewohner gemeinsam nutzen. Es können dort auch neue Projekte entstehen. Das hintere Flurstück ist an ein Bauunternehmen verpachtet.
Geplante Nutzung des Hauses:
- Saal/Bühne/Lager/Technik: 560 qm
- Gastronomie: 230 qm
- Räume für Initiativen/Büros: 725 qm
(Seminarbereich: 146 qm, Offene Werkstätten: 80 qm, Bibliothek: 32 qm)
- Wohnbereich: 1.000 qm (auf 3 Etagen)
- (880 qm sind nicht vermietbar)
Projektstatus
Pionierphase: Sanierungs- und Umbauarbeiten haben im Sommer 2016 begonnen, geplante Fertigstellung 2019
Das Besondere – Erfolgsbausteine
- Die Projektinitiative hinter der „Straze“ hat einen langen Vorlauf: Einige der Projektmacher initiieren bereits seit 25 Jahren gemeinsame Projekte z.B. im Bereich Umweltschutz, Bauprojekte, Jugendarbeit; das stärkt Vertrauen und realistische Erwartungen
- Konzept für Wohnen und Arbeiten im „öffentlichen Raum“: Die Verzahnung der Nutzungen ist bewusst gewählt, um Synergien zu nutzen; nicht nur um die Mietbelastung durch geteilte Nutzung zu verringern, sondern um die Ressourcen der Aktiven effektiv einzusetzen, da z.B. Anfahrtswege wegfallen, eine Vereinbarkeit von Kinderbetreuung und Arbeit möglich wird usw.
- gemeinsam Bauen: Der Sanierungsprozess beinhaltet einen großen Anteil Eigenleistung. Dieser setzt sich zusammen aus „Soli“(-darischen, also unbezahlten) Einsätzen einerseits von vielen Unterstützern bei ungelernten Arbeiten und durch Handwerker-Kollektive wie den reisenden Gesellen. Außerdem gibt es in der Initiative selbst viele Bau- und Handwerkserfahrene, die mit anpacken.
- Erhaltung eines Baudenkmals: Die Restaurierung des Saals und ein Konzept analog zur ursprünglichen Nutzung (Hotel- & Konzert/Theaterbetrieb) hat eine breite Allianz in der Stadt Greifswald geschaffen. Beispiel dafür ist das langjährige Engagement der Architektin, die ihrerseits Teil einer Altstadtinitiative zur Erhaltung von Baudenkmäler in Greifswald ist. Lange stand auch der Abriß des Hauses zur Diskussion.
Chronologie
Am Anfang
- Die Initiative unterbreitet der Eigentümerin des Denkmals, der Universität Greifswald, im November 2007 ein Kaufangebot für die Stralsunder Str. 10/11. Die Universität verkauft aber an das Petruswerk, ein katholisches Sozialwerk, das sich auf Wohnungsbau spezialisiert hat und 2004 Teil der AVILA Holding wird. Die Kaufbedingungen, sowie die Pläne zur Entwicklung der Stralsunder Str. 10/11 werden nicht bekanntgegeben.
- Im Mai 2008 finden sich über 20 Bürgerinnen und Bürger zur Gründung der Bürgerinitiative zur Rettung des traditionsreichen Hauses an der Stralsunder Str. 10/11 zusammen, nachdem der neue Eigentümer mitteilt, dass eine Sanierung nicht finanzierbar ist. Es werden über 1200 Unterschriften gegen den drohenden Abriß gesammelt und eine Ausstellung über die Geschichte des Hauses erstellt.
- Im September 2008 Gründung des Vereins „Kultur- und Initiativenhaus Greifswald“.
- Im November 2008 erstellt der Verein ein erstes Konzept zur Sanierung des Hauses an der Stralsunder Str. 10/11 und macht dem Petruswerk ein Kaufangebot.
Aufbau
- Am 09.2009organisiert der Verein eine öffentliche Darstellung ihres Finanzierungsmodelles für ein Kultur- und Bürgerzentrum. Es gibt inzwischen Zusagen der GLS Bank und der Stiftung Nord-Süd-Brücken, das Projekt zu unterstützten. Bezogen auf die Stralsunder Str. 10/11 stehen bereits 1,5 Mio. Euro für einen ersten Sanierungsabschnitt zur Verfügung.
- Die Bürgerschaft, als kommunale Volksvertretung der Hansestadt, beauftragt die Stadtverwaltung am Mai 2010 mit dem Verein, Verhandlungen auch über alternative Standorte zu führen. Es kommt aber nie zu konkreten Angeboten. In der Zwischenzeit verfällt das Haus an der Stralsunder Str. 10/11 weiter.
- Das Denkmalamt Greifswald verweigert im April 2012 den vom Petruswerk beantragten Abriss des Hauses, weil das Konzept des Vereins zur Sanierung und Bewirtschaftung vorliegt.
- Im Nov 2012 willigen Stadt und Eigentümerin ein, das Haus und die Grundstücke der Stralsunder Str. 10/11 an den Verein zum Preis von 350.000 Euro zu verkaufen.
- Im Dez 2013 wird der Kaufvertrag abgeschlossen. Das Petruswerk verkauft direkt an die zu diesem Zweck vom Verein gegründete GmbH
Verstetigung
- 2014/2015 finden Notsicherung, Aufräummaßnahmen, Planung und Öffentlichkeitsarbeit durch den Verein statt.
- Ende 2015 wird der Bauantrag gestellt
- Im Juni 2016 findet die formale Aufnahme ins Mietshäuser Syndikat statt. Die Zusammenarbeit mit dem Syndikat war eine der Grundvoraussetzungen für das Projekt.
- August 2016 Bauabschnitt: Ertüchtigung von Fundament, Hülle & Dach. Offizieller Baubeginn mit einer „Soli“-Baustelle von freireisenden Gesellen. Sie reisen, nach alter Tradition nach Abschluss ihrer Ausbildung einige Jahre umher und nehmen Aufträge an. Für gemeinwohl-orientierte Projekte entscheiden sich Gesellen auch nur für Kost und Logis zu arbeiten.
Auf lange Sicht
- Geplante Fertigstellung/Einzug in Abschnitten zw. 2019
Finanzierung
Kaufpreis ca. 400.000 Euro, geplante Sanierungskosten ca. 5 Mio. Euro
Darlehen in Höhe von ca. 3 Mio. Euro durch: GLS Bank (1.7 Mio.), Stiftung Nord/Süd Brücken, KfW, private Nachrangdarlehen
Als Eigenmittel gelten die umfangreichen Eigenleistungen im Bereich Planen und Bauen sowie Spenden und Leih –und Schenkgemeinschaften. Gelder aus Leih-und Schenkgemeinschaften sind aus Sicht des Projekts Spenden. Aus Sicht der Schenker sind es bedingungslose Kleinkredite, welche die GLS-Bank gewährt und an das Projekt ausschüttet. Zudem setzt die Straze Fördermittel ein, z.B. im Rahmen des Modellprogramms „Gemeinschaftlich Wohnen, Selbstbestimmt Leben“ des Bundesministeriums Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Organisationsform
Formale/rechtliche Organisation:
- Eigentümerin: Stralsunder Straße 10 GmbH,
Diese vergibt nach dem Modell des Mietshäuser Syndikats Mietverträge an die Bewohner und Projekte. Entscheidungen trifft ein Plenum bzw. Arbeitsgruppen.
- Hauptgesellschafterin: Stralsunder Straße 10 Mieten e.V.
Dieser im Syndikatsmodell „Hausverein“ genannte, nicht gemeinnützige Verein dient zur Organisation der Wohnmieter. Über ihre Stimme im Verein kontrollieren die Mieter „ihre“ GmbH. Sie haben damit die Rechte und Pflichten von Mietern und Eigentümern zugleich. In allen Angelegenheiten, außer Vorhaben die das Grundbuch betreffen z.B. Verkauf, Erbrechte, neue Kredite, entscheidet der „Hausverein“ eigenständig. Ansonsten muss der
Minderheitsgesellschafter Mietshäuser Syndikat GmbH zustimmen.
- Bei der „Straze“ gibt es neben GmbH und Hausverein noch den ursprünglichen Verein „Kultur- und Initiativenhaus Greifswald e.V.“.
Auf Grund seiner Gemeinnützigkeit kann dieser Verein Spenden und Fördermittel annehmen. Damit das funktioniert wird der Verein als Generalmieter der geförderten Projektflächen in die Struktur eingebunden. Einzelne Vereine erhalten dann Untermietverträge.
Informelle Organisation:
Beschlussfassend ist das zweiwöchentlich stattfindende Hausplenum, in dem sich alle Aktiven einbringen können. Entscheidungen werden im Konsens gefällt. Bei Bedarf gründen sich Arbeitsgruppen zur Strukturierung von Prozessteilen z.B. Baugruppe, Koordinationsteam. Nach dem Subsidiaritätsprinzip sollen Entscheidungen und Handlungen möglichst auf der Ebene erfolgen, die am unmittelbarsten betroffen ist. Die Aktiven in der „Straze“ glauben, dass Freiraum zum Handeln und gelebtes Vertrauen nicht nur die Motivation, sondern auch das Verantwortungsbewusstsein stärkt.
Kommunikation
- Webseite/Facebook-Seite (regelmäßiger Blog & aktuelle Terminübersicht)
- bestehende Kanäle über angeschlossene und befreundete Projekte, Initiativen und Einzelpersonen
Teamentwicklung
- Die „Straze“ hat den Vorteil der festen ‚Gründungsgruppe‘, die seit vielen Jahren gemeinsam arbeiten und/oder leben. Es gibt bereits eine Art Wohnprojekt einiger Aktiven direkt gegenüber der Stralsunder Str. 10/11.
- Im Prozess des jahrelangen Ringens um eine Immobilie gab es psychologisch viel auf und ab.
- Der Planungsprozess 2014/2015 mit regelmäßigen Planungswochenenden und gemeinsamen Exkursionen zu anderen Projekten schwört die Gruppe auf das Sanierungsvorhaben ein.
- Es wurden parallel weitere Initiativen/Vereine als Kooperationspartner/Mieter geworben, auch Einzelpersonen können sich einbringen (siehe offene Baustelle)
Immobilien/Planen/Bauen
- Die Sanierung aller Gebäudeteile ist notwendig, dabei kommt es z.T. zu erheblichem Ausbau (Dach) und Umbau (Bühne). Vor allem die Sanierung des denkmalgeschützten Saals muss dabei besonders hohe Standards einhalten.
- 1. Bauabschnitt: Ertüchtigung von Fundament, Hülle & Dach 2016/2017
Nachbarschaft und Stadtteil
- Geplant sind Räumlichkeiten für lokale Vereine, die durch gemeinsame Nutzung von Seminar- und Veranstaltungsräumen, sowie Büroinfrastruktur, ihre Arbeit intensivieren können und von Synergieeffekten profitieren.
- Der Saal bietet für Greifswald einzigartige Kapazitäten und soll in erster Linie für not-for-profit und Kulturveranstaltungen zur Verfügung stehen.
- Eine Gastronomie bietet eine niedrigschwelligen Anlaufpunkt für Aktivitäten auf dem Gelände
- Garten/Freiflächen Konzept steht noch aus, öffentliche Nutzungen sind angedacht
Auswahl öffentlicher Aktionen auf dem Gelände bisher:
- Tag des Offenen Denkmals(2014/2015/2016)
- Straze-Jam im Oktober 2014, Bands und Flohmarkt im Garten
- Fete de la Musique2014/2015 spielten Bands im Straze-Garten
- Festival Stadtimplus im Sommer 2015
- Fest der Sommerbaustelle 2016
- Initiativen Mittwoch – beteiligte Initiativen bieten abwechselnd Programm auf dem Gelände an (Stand 2016)
- Baufreitag/Subotnik – Option tage- oder stundenweise auf der Baustelle mit zu helfen z.B. bei Aufräumarbeiten
Wen oder welche Unterstützung brauchen wir noch?
- Vor allem mit Hinblick auf die Finanzierung von gemeinnützigen Flächen, z.B. Bibliothek, Werkstätten, Bühnenräume/Saal, werden weiterhin Fördermittel und Spenden gesucht
- Da noch viele „Baustellen“ offen sind (z.B. Dachgeschossausbau, Nutzung des mittleren Flurstücks) ist das Projekt weiterhin auf konstruktive Zusammenarbeit mit Verwaltung angewiesen
Stolpersteine
- Die Stadtverwaltung musste durch jahrelanges beharrliches Engagement überzeugt werden, dass die Initiative sich auch wirklich dauerhaft in Greifswald engagieren würde. Gerade in Universitätsstädten hat jede neue Generation Ideen für lokale Projekte, die nach Abschluss des Studiums der Initiatoren häufig aber nicht weitergeführt werden.
- In der langen und unsicheren Planungsphase fehlt Förderung
- Bei der Sanierung von älteren Gebäuden werden zusätzliche Mängel häufig erst bei Baubeginn entdeckt; dies führt womöglich zu erhöhten Investitionskosten
Sonstiges
- „Soli“-Baustelle der freireisenden Gesellen: Arbeitseinsatz von Gesellen und Gesellinnen zw. 4-8 Wochen im Sommer gegen Kost/Logis (Materialien/Werkzeug muss gestellt werden. Projekte sollten flexibel sein und ausreichend Freiraum für die Gesellen anbieten können, um den Einsatz attraktiv zu machen.)
- Link Leih- und Schenkgemeinschaft: https://www.gls.de/privatkunden/ueber-die-gls-bank/arbeitsweisen/leih-und-schenkgemeinschaft/
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Film NDR von 2014
Film Mietshäusersyndikat 2016